Brigitte.
Farbe ist mein Lebenselixier.
Glücklich-Macher, Heilmittel und Lösungsfinder.
S
Soweit meine Erinnerung an meine Kindheit zurückreicht, war Farbe und Form die Welt, die mich befreit hat. Meist nur in meinen Träumen und Gedanken, da ich in einem Zuhause groß wurde, wo Kreativität überhaupt keine Rolle spielte. Also tat ich es im Stillen für mich. Doch sobald ich irgendetwas Farbiges zum Gestalten bekam, Stoff, Papier, Stifte, wurde es sofort kreativ verarbeitet. Das war gut und ohne Regeln, da es niemand interessierte, was ich da tat.
Ich kann mich sogar noch sehr gut daran erinnern, dass ich in der 5. Klasse eine 5 bekam wegen einer Themaverfehlung. Die Aufgabe war eine schwarze Stadt aus Ton Papier zu schneiden und sie auf ein weißes Blatt zu kleben. Meine Stadt war sehr dicht mit vielen kleinen Fenstern und fast hätte ich es geschafft „schwarz auf weiß“ zu kleben, aber dann überkam es mich, jedes einzelne Fenster (und es waren viele) wurden fein säuberlich mit einem Skalpell ausgeschnitten und mit buntem Transparentpapier hinterleg. Das auf weißem Papier sah echt super aus. Doch es wurde noch nicht einmal angesehen, da es einfach nur falsch ausgeführt wurde. Fertig! Aber ich machte weiter auf meine eigene Art, bis man mir in der 8. Klasse den Zutritt zum Kunstunterricht verweigerte, angeblich hätte ich kein Farbgefühl und stattdessen musste ich in den Hauswirtschaftsunterricht.
Das war dann erst einmal das Ende für mich und meine Farbenwelt.
Bis zu meinem 23. Lebensjahr hatte ich die Farben und meine Kreativität völlig unterdrückt, versucht zu vergessen, wie schön es war zu malen oder etwas zu gestalten. Was ich auch tat. Ich hatte es tatsächlich vergessen.
Bis ich in eine körperliche Krise kam. Man riet mir zu malen, um meinen Zustand zu verbessern und mein erster Gedanken war: Ich kann es nicht. Man hat mir doch gesagt, ich hätte kein Farbgefühl. Es war für mich eine sehr große Überwindung mich für meine Kreativität wieder zu öffnen. Doch habe ich es gemacht!
Das Malen ist der Zugang zu einer Welt, die man als allererstes nicht in Worte fassen kann. In dieser Welt bin ich in Ordnung, so wie ich bin. Farbe ist Heilung, so simpel und präzise wie ein Skalpell. Dazu braucht es keine Erklärung und auch keine Worte. Farbe bringt eingeschlossene Emotionen an die Oberfläche. Das Malen macht mir manchmal sogar Angst. Aber alles darf hier sein, denn es ist in Ordnung, da ich mich traue in meinem geschützten Raum, bewaffnet mit Pinsel, Leinwand und Farbe mich meinen Dämonen zu stellen. Das ganze Gefühlschaos kann ich hier zulassen und es sortiert sich während dem Malprozess.
Es verändert mich.
Male ich ein Bild stehe ich meistens an einem Punkt, wo ich im Alltag nicht weiter weiß. Wo ich nach einer Lösung suche, aber keine Antwort habe. Oft gehe ich dann ins Atelier. Beim Malen kann ich alles rauslassen und zufrieden gehe ich wieder nach Hause. Eine Antwort habe ich vielleicht nicht gleich bekommen, aber es geht mir besser. Nach einer Zeit des Nachwirkens weiß ich die Antwort. Ich bekomme eine Lösung. Meistens weiß ich dann auch, wie das Bild heißt, oft schreibe auch einen Text zu dem Bild. Ich teile es mit den Menschen, die es interessiert. Diese zu Papier getragenen Gedanken nenne ich "Inspiration für den Alltag". Es gibt auch ein E-Book davon: “Momentaufnahmen“. Ich sehe es so: Die Aufgabe eines Künsterls ist die Gefühle auszudrücken, ob es nun ein Bild ist, ein Gedicht oder ein Musikstück spielt hier keine Rolle. Es ist Ausdruck des momentanen Seins auf dieser Welt und das betrift am Schluss uns alle.
Am liebsten arbeite ich mit Öl auf Leinwand.
Ich liebe es, weil es sich so geschmeidig auftragen lässt. Ölfarbe lässt einem die Zeit, es in die Leinwand einzuarbeiten, anzukommen in dem Raum, der sich öffnen möchte, wie bei einer Meditation. Sie lässt sich so schön streicheln, bis sich ganz fließende Übergänge ergeben. Aber Ölfarbe kann auch dick und mit Struktur aufgetragen werden. Sie ist so vielseitig und sie vergibt dir deine Fehler. Wie das Leben auch. Du hast immer wieder die Möglichkeit die Richtung zu ändern, zumindest ein wenig. Und dort wo man meinte, man hätte einen Fehler gemacht, ist später meist die schönste Stelle im Bild. Zumindest für mich.